Rechtsschutzversicherung - Brauche ich das? Der Ratgeber für Einsteiger

Hast Du schon einmal daran gedacht, ob eine Rechtsschutzversicherung für Dich das Richtige sein könnte? Du willst Dich informieren, weißt aber gar nicht, wo man da am besten anfängt? Wir haben Dir hier im Folgenden alles Wissenswerte zu dem Thema Rechtsschutz zusammengefasst und erklären, was das genau ist, welche Varianten es dabei gibt, was sie kostet und was im Versicherungsfall zu tun ist.

Rechtsschutzversicherung: Was ist das?

Überall, wo Menschen aufeinander treffen, gibt es Auseinandersetzungen. Konflikte lassen sich manchmal nicht mit Argumenten und einer Einigung aus der Welt schaffen und so landen viele Streitigkeiten vor Gericht. Das ist nicht nur nervenaufreibend und ärgerlich, es kann auch ganz schön teuer werden. Anwaltskosten können schnell explodieren, wenn sich Rechtsstreitigkeiten über einen längeren Zeitraum hinziehen oder ein Recht durch mehrere Instanzen „durchgefochten“ werden muss. Auch für den Fall einer Niederlage in einem Rechtsstreit stehen neben den selbst verursachten Kosten auch noch die der gegnerischen Partei im Raum, die Du dann übernehmen musst.

Fast zwei Drittel aller Deutschen würde bei solchen Streitfällen den Gang zum Anwalt scheuen – meist aus Angst vor den eventuell hohen Kosten, die hierfür anstehen können und die sie selbst bezahlen müssten. Eine Rechtsschutzversicherung kann hier eine gute Hilfe sein und bei rechtlichen Auseinandersetzungen sowohl mit kompetentem juristischen Beistand als auch mit der Übernahme der Kosten für die rechtliche Auseinandersetzung dem Versicherten finanziell den Rücken freihalten.

Im Folgenden erklären wir Dir ausführlich, welche Kosten eine Rechtsschutzversicherung übernimmt, welche verschiedenen Varianten der Versicherung man abschließen kann und welche Leistungsbausteine wann sinnvoll sind.

Rechtsschutzversicherung - welche Kosten übernimmt sie?

Welche Kosten übernimmt die Rechtsschutzversicherung bei einem Rechtsstreit?

Grundsätzlich übernimmt eine Rechtsschutzversicherung im Versicherungsfall alle mit dem Verfahren zusammenhängenden Kosten. Neben den Honoraren für Deine Anwälte umfasst das auch alle Kosten, die gegebenenfalls für Zeugen, Sachverständige und Gutachter fällig werden, sowie die Kosten des Gerichtsverfahrens. Für den Fall, dass Du im Rechtsstreit unterliegst und einen Prozess verlieren würdest, müsstest Du die dementsprechenden Kosten auch für die Gegenseite übernehmen. Hier springt dann auch Deine Rechtsschutzversicherung ein, falls Du in einem Zivilprozess verlieren solltest.

Eine Alternative zu einem Gerichtsprozess ist auch eine Mediation. Dies ist ein außergerichtliches Verfahren, bei dem die streitenden Parteien unter Zuhilfenahme eines Mediators versuchen, den Konflikt zu lösen. Dieses Verfahren ist meist schneller und kostengünstiger und die Rechtsschutzversicherung übernimmt häufig auch diese Kosten.

Welche Rechtsgebiete kann ich über die Rechtsschutzversicherung abdecken?

Die klassischen Bausteine einer Rechtsschutzversicherung umfassen folgende Rechtsgebiete:

  • Privatrechtsschutz
  • Verkehrsrechtsschutz
  • Arbeitsrechtsschutz
  • Vermietungsrechtsschutz
  • Wohnrechtsschutz

Privat-, Verkehrs- und Vermietungsrechtsschutz sind dabei primär versicherbar, der Berufs- und Wohnrechtsschutz kann auf Wunsch nur zusätzlich abgeschlossen werden.
Doch welche Bausteine sind für Dich jetzt interessant? Im Folgenden stellen wir die einzelnen Leistungsteile genauer mit Beispielen vor, um Dir einen besseren Überblick über die möglichen Rechtsfälle in den verschiedenen Bereichen zu geben.

Privatrechtsschutz

Der Privatrechtsschutz leistet Hilfe bei einer Vielzahl von privaten Streitigkeiten. Eine wichtige Leistung ist der Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht. Dies umschließt alle Arten von Kauf-, Dienstleistungs-, Werks- und auch Versicherungsverträgen und kann auch einen Onlinerechtsschutz beinhalten, der dann auch im Internet geschlossene Verträge mit einschließt.
Wichtig wird dieser Rechtsschutz zum Beispiel dann, wenn Du nach dem Kauf eines Fahrrades später Mängel feststellst, die der Verkäufer aber nicht akzeptieren will und eine Rücknahme oder einen Austausch ablehnt.

Der private Rechtsschutz umfasst ferner das Sozial- und Verwaltungschutzrecht. Dies wird relevant, wenn man sich mit Behörden oder anderen staatlichen Einrichtungen auseinandersetzen muss. Ein gutes Beispiel sind hier Streitigkeiten mit dem Finanzamt, wenn es um die Geltendmachung von Fahrtkosten geht oder bei Streitigkeiten über die Anerkennung von Werbekosten.

Auch das Strafschutzrecht ist über den Privatrechtsschutz abgedeckt. Wenn Du Opfer einer Straftat geworden bist, kannst Du zum Beispiel über die Rechtsschutzversicherung Schmerzensgeld als Nebenkläger einklagen. Auch wenn Du gegen eine vermeintliche Ordnungswidrigkeit, die Du begangen haben sollst und gegen den dementsprechenden Bußgeldbescheid vorgehen willst, ist dies vom Privatsrechtsschutz abgedeckt. Es handelt sich hier jedoch um einen eher passiven Strafrechtsschutz. Das heißt, dass nur Ansprüche aus der Opferperspektive abdeckt sind und nur bei sehr geringfügigen Ordnungswidrigkeiten, die Dir selbst vorgeworfen werden, greift. Schwere und vor allem selbst begangene, vorsätzliche Straftaten werden nach dem Strafrecht verhandelt und sind nicht durch die Rechtsschutzversicherung gedeckt.

Die Privatrechtsschutzversicherung umfasst meist auch einen Beratungsrechtsschutz im Bereich des Familien- oder Erbrechts. Hier kannst Du Dich in entsprechenden Angelegenheiten von einem Anwalt beraten lassen. Eine Übernahme eventuell folgender Gerichtsverfahren in diesem Bereich ist aber meist nicht vorgesehen.

Verkehrsrechtsschutz

Der Verkehrsrechtsschutz umfasst alle Streitigkeiten, die im Verkehr entstehen können. Dabei bist Du als Verkehrsteilnehmer natürlich nicht nur als Autofahrer versichert, sondern genauso als Fußgänger, Radfahrer oder Zweiradfahrer.

Wichtig kann dieser Rechtsschutz zum Beispiel bei Streitigkeiten nach Unfällen werden, bei Auseinandersetzungen mit Autohändlern über Garantieleistungen, bei einem Kampf gegen den Führerscheinentzug oder bei Bußgeldbescheiden, gegen die man sich wehren will.
Besonders wichtig kann der Verkehrsrechtsschutz werden, wenn Du selbst einen Unfall verursacht hast und einen anderen Verkehrsteilnehmer dabei verletzt hat.

Arbeitsrechtsschutz

Der Arbeitsrechtsschutz kann heute auch schon für junge Menschen eine sinnvolle Sache sein. In einem immer flexibler und unsteter werdenden Berufsumfeld kann der Arbeitsrechtsschutz eine wichtige Stütze sein, um sich gegen ungerechtfertigte Abmahnungen oder Kündigungen zu wehren. Auch die Einforderung noch ausstehender Gehaltszahlungen oder sonstiger Leistungen, die im Vertrag vereinbart wurden, kann hierüber abgedeckt werden. Auch bei Zeugnisstreitigkeiten über Inhalt oder Anfertigung kann dieser Berufsrechtsschutz greifen.

Der Arbeitsrechtsschutz ist in der Rechtsschutzversicherung nicht eigenständig abschließbar und kann zu einem Privatrechtsschutz zusätzlich abgeschlossen werden.

Vermieterrechtsschutz

Dieser Rechtsschutz unterstützt den Vermieter oder Immobilieneigentümer bei allen Rechtsstreitigkeiten rund um die Vermietung. Hier sind in erster Linie die Einforderung von ausstehenden Mietzahlungen, Räumungsklagen, Streitigkeiten wegen Nebenkostenabrechnungen oder Auseinandersetzungen mit der Hausverwaltung häufige Gründe für einen Rechtsstreit. Der Vermieterrechtsschutz kann einzeln oder in Kombination mit weiteren Rechtsschutzversicherungen abgeschlossen werden.

Wohnrechtsschutz bzw. Mieterrechtsschutz

Der Wohnrechtsschutz hingegen schützt Mieter wie auch Immobilienbesitzer, die Ihre Immobilie selbst nutzen. Als Mieter hilft der Mieterrechtsschutz bei der Abwehr ungerechtfertigter Mieterhöhungen oder der Rückforderung der Kaution bei Mietende, bei überzogenen Nebenkostenforderungen oder bei Streitigkeiten mit dem Nachbarn.

Für den Immobilienbesitzer, der selbst in seiner Immobilie wohnt, können Streitigkeiten über Grundbucheinträge oder ein Einspruch gegen einen Grundsteuerbescheid Gegenstand einer Auseinandersetzung sein.

Worauf sollte ich bei einer Rechtsschutzversicherung achten?

Grundsätzlich gibt es bei der Rechtsschutzversicherung Einzel- bzw. Singletarife oder sogenannte Familientarife. Letztere können auch unverheiratete Paare, die zusammenleben, abschließen. Ansonsten sind Kinder in einem Familientarif bis zum Ende ihrer ersten Ausbildung mitversichert, wenn sie noch nicht verheiratet und unter 25 Jahren sind.

Reichweite

Der Schutzbereich der Rechtsschutzversicherung erstreckt sich normalerweise beim Privatschutzrecht auf Europa. Auch außerhalb Europas kann der Versicherungsschutz greifen. So sind oft auch viele Urlaubsländer eingeschlossen, solange keine Reisewarnungen für das betreffende Land vorliegen. Üblicherweise sind Auslandsaufenthalte bis zu 6 Wochen mit abgedeckt. Auch längere Auslandsaufenthalte können eingeschlossen sein, wobei dann oft die Deckungssumme im Schadenfall von der grundsätzlichen Versicherungssumme abweicht. Eine Rechtsschutzversicherung kann gerade im Ausland wichtig werden, wenn man die Landesprache nicht beherrscht und die juristischen Rahmenbedingungen des Landes gar nicht kennt.

Wichtig: Dies gilt jedoch nicht für den Arbeitsrechtsschutz, den Vermietungs- und Wohnrechtsschutz. Hier bleibt der Schutzbereich auf Deutschland begrenzt. 

Wartezeit

Bei der Tarifauswahl solltest Du außerdem die Wartezeit berücksichtigen. Zwischen Vertragsabschluss und der frühesten Inanspruchnahme liegen gewisse Fristen, die sich bei den einzelnen Rechtsschutzversicherungen unterscheiden und auch bei den einzelnen Rechtsgebieten abweichen können. Wichtig ist also auch hier ein Vergleich verschiedener Angebote und ein Abgleich der Wartezeit bei den verschiedenen Anbietern.

Selbstbeteiligung

Hast Du den passenden Tarif für Dich gefunden, gilt es noch zu überlegen, ob durch eine Selbstbeteiligung eventuell eine sinnvolle Reduzierung des Versicherungsbetrages möglich ist. Eine Selbstbeteiligung musst Du auch nur dann bezahlen, wenn Du in einem Rechtsstreit unterliegen würdest, ansonsten wird dies auch von der Gegenpartei übernommen.

Auch kann man den Versicherungsbeitrag der Rechtsschutzversicherung durch eine längere Vertragslaufzeit senken. Statt einem Ein-Jahresvertrag bieten viele Versicherer auch eine dreijährige Laufzeit mit geringerem Jahresbeitrag an.

Was zeichnet einen guten Versicherungstarif einer Rechtsschutzversicherung aus?

Wichtig ist hier zunächst die Deckungssumme. Diese sollte für den regulären Versicherungsfall bei ca. 1 Mio. Euro liegen, wobei die weltweite Deckungssumme deutlich darunter liegen kann.

In vielen Fällen ist es auch sehr ratsam, einen Tarif zu wählen, der bereits im Widerspruchsverfahren greift. Viele Policen greifen erst, wenn die Streitigkeit vor Gericht geht. Gerade aber bei einer Abwehr von Gebührenbescheiden oder Steuerbescheiden ist oftmals der Widerspruch schon erfolgreich und die Anwaltskosten müssten dann von Dir selbst getragen werden.

Im Bereich des Strafrechts zahlen viele Rechtsschutzversicherer nur, wenn Dir ein Vergehen und nicht ein Verbrechen vorgeworfen wird. Das kann ein Diebstahl, eine Steuerhinterziehung, eine unterlassene Hilfeleistung oder Ähnliches sein. In manchen Tarifen ist der Schutz sogar auf fahrlässige Taten beschränkt. Entscheidend ist erst einmal nur, was die Staatsanwaltschaft Dir vorwirft. Ob Du schuldig oder unschuldig bist und wie das Gericht dann letztendlich entscheidet, spielt für die Kostenübernahmeentscheidung keine Rolle. Da die Übergänge vom Vergehen zum Verbrechen im Strafrecht oftmals sehr fein sind, ist es sinnvoll einen Tarif zu wählen, der zunächst einmal alle Straftaten abdeckt. Solltest Du jedoch wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt werden, musst Du der Versicherung die übernommenen Kosten auf jeden Fall erstatten.

Auch ein Schadensfreiheitsbonus kann eine gute Sache sein. Nimmt man die Versicherung über Jahre nicht in Anspruch, kann dadurch die Selbstbeteiligung sinken. Interessant: Es gibt Tarife, die auch die schadensfreien Jahre des Vorversicherers anrechnen.

Für eine Rechtsschutzversicherung im Job kann es sinnvoll sein, einen Tarif zu suchen, der auch die Beratung zu Aufhebungsverträgen miteinschließt. Bei vielen Anbietern sind Streitigkeiten über Aufhebungsverträge ausgeschlossen, da sie ja freiwillig eingegangen werden. Manche Tarife schließen jedoch die rechtliche Beratung im Vorfeld eines Aufhebungsvertrages mit ein.

Rechtsschutzversicherung: Was ist ausgeschlossen?

Es gibt ein paar wichtige Bereiche, in denen Deine Rechtsschutzversicherung eventuell nicht für Dich einspringt. Nicht gedeckt sind in der Regel:

  • Abwehr von Schadenersatzansprüchen, wenn sie nicht eine vertragliche Grundlage haben (hier ist in aller Regel die Haftpflichtversicherung zuständig)
  • Streitigkeiten im Umfeld des Immobilienbesitzes, wie z.B. des Baus, der Planung oder des Umbaus einer Immobilie sowie des Kaufs bzw. Verkaufs eines Grundstücks
  • Vorsätzliche Straftaten, die nach dem Strafrecht behandelt werden
  • Die gesamten Rechtsgebiete des Patent-, Urheber- oder Markenrechts
  • Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit spekulativen Kapitalanlagen oder Verträgen, die sich auf Spiel- oder Wettaktivitäten beziehen
  • Auseinandersetzungen zwischen gemeinsam Versicherten in einem Familientarif

Wichtig: Welche Rechtsfälle nicht über den Versicherungsschutz gedeckt sind, variiert von Anbieter zu Anbieter.

Deshalb macht es Sinn, dass Du vor Abschluss des Vertrages einen Blick in die Versicherungspolice wirfst und Dir die ausgeschlossenen Fälle genau anschaust.

Fazit: Ist eine Rechtsschutzversicherung sinnvoll für mich?

Ob sich eine Rechtsschutzversicherung lohnt oder für welche Rechtsschutzbereiche sie für Dich sinnvoll ist, hängt weitestgehend mit der persönlichen Lebenssituation zusammen. Du solltest Dich fragen, in welchen Bereichen mit Ärger zu rechnen ist oder ob in manchen Bereichen das Risiko von Konflikten besonders hoch ist.

Fährst Du beispielsweise sehr viel mit dem Auto, könnte ein Verkehrsrechtsschutz Sinn machen. Oder Du hast einen Job bei einer Firma, die bereits durch rüde Behandlung von Arbeitnehmern aufgefallen ist? Dann bietet sich der Baustein Arbeitsrechtsschutz an. Auch als Mieter kann eine entsprechende Rechtsschutzversicherung in der heutigen Wohnungsmarktsituation eventuell beruhigen. Hier nochmal eine Übersicht der wichtigsten Bausteine der Rechtsschutzversicherung:

Rechtsschutzversicherung Infografik von hepster: Die Bausteine Verkehrs-, Vermietungs-, Wohn-, Arbeits-, Privatrechtsschutz

Auch solltest Du Dir über Deinen Durchsetzungswillen im Klaren sein. Wenn es Dir unbedingt wichtig ist, zu Deinem Recht zu kommen und Dich der zeitliche und nervliche Einsatz in einem Rechtsstreit nicht abschreckt, ist eine Rechtsschutzversicherung sicher eine gute Sache. Sie nimmt Dir die Angst vor hohen Kosten und Du kannst auch gegen große und finanzstarke Gegner in einem Rechtsstreit bestehen.

Vieles in der Entscheidung für eine solche Versicherung hängt also von Deinen persönlichen Sicherheits- und Risikopräferenzen, Deinem Vermögen und Einkommen und natürlich auch den richtig einzuschätzenden Risiken ab, die in Deinem Lebensmodell zu einem Rechtsstreit führen können.

Auch solltest Du Dein gesamtes Versicherungsbudget planen und Dir wichtige Versicherungen priorisieren. An erster Stelle sollte hier die Haftpflichtversicherung stehen und auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung kann eventuell vorrangig sein. Eine Rechtsschutzversicherung ist eine gute und beruhigende Sache und lässt Dich sicher entspannter eventuellen Streitigkeiten entgegenblicken, sie ist jedoch nicht ganz billig und muss in Dein Gesamtbudget auch passen.